Veröffentlicht in China, Macau

Es geht weiter und nach Macau

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Happy Chinese New Year – year of the pig

Von Zhongshan aus fahre ich nicht direkt in südlicher Richtung weiter, denn die Berge dort lassen vermuten, dass die Strecke unangenehm werden könnte. Ich will stattdessen in einem Bogen entlang der Küste nach Zhuhai fahren, meinem letzten Stopp vor der Grenze nach Macau. In Richtung Osten führt mal wieder eine breit ausgebaute Verkehrsader vom Stadtzentrum weg und erst nach reichlich 12 Kilometern dann als S111 weiter in Richtung Süden. Stadtauswärts bietet sich auch hier das inzwischen bekannte Bild, mit nur geringer Veränderung: Wohnungsbau entlang der Schnellstraße, hier ein wenig abseits des eigentlichen Asphaltbandes. Beim Ort Nanlang kommt neben Autobahn, Schnellstraße dann auch noch eine neue Eisenbahntrasse hinzu.

Etwas weiter südlich bietet sich dann die Gelegenheit, zumindest vorübergehend auf eine Nebenstrecke auszuweichen, und hier kann ich das Radfahren bei deutlich weniger Verkehr auch wieder genießen. Das Wetter wird inzwischen zusehends besser und für einige Kilometer schlängelt sich die Straße regelrecht durch eine hügelige Landschaft. Nach kurzer Zeit weisen Hinweisschilder auf ein Museum hin: Das Dr. Sun-Yat-Sen-Museum erstreckt sich westlich neben der Straße in Form fast des ganzen Dorfes Cuiheng. Hier hat der Staatsgründer der Republik von 1921 zuletzt eine Residenz gehabt und steht auch dessen Geburtshaus. Der Besucherandrang vor einem Security Check am Eingang zu dem offenbar weitläufigen Gelände ist ziemlich groß.
Nach wenigen Kilometern führt die Straße aber zurück zur Autobahn in Richtung Süden und verläuft dann parallel dazu, in nur wenigen Metern Abstand. An einer nur für Kleinfahrzeuge zugelassenen Unterführung komme ich dann endlich wieder in östlicher Richtung weiter zur Küste.

 

In Shangzha halte ich spontan an einem Restaurant, lasse mir eine Nudelsuppe mit Gemüse und Huhn machen. Es sind Muslime, die dieses kleine Restaurant am Rand eines Gewerbegebiets betreiben und sie stellen ihre Nudeln in traditioneller Weise von Hand her, genauso wie ich es schon vor einigen Wochen in Bo’ao in Hainan gesehen hatte. Der Chef bestaunt neugierig mein vor seinem Eingang geparktes Fahrrad, sieht sich anschließend an, was ich denn da in mein Tagebuch schreibe, während sein Sohn in der Küche mit der Zubereitung des simplen Essens für mich ist.
Das sind dann einmal richtige Teignudeln, die in der Suppe verarbeitet wurden, nicht die sonst üblichen Reisnudeln oder gar Vermicellis.

Durch Shangzha und Xiazha fahre ich dann weiter und komme zurück auf die S111 und nach kurzer Strecke entlang dieser geradlinigen, neu gebauten breiten Straße an eine weite Bucht, die Quanwan Bay, an deren nördlichem Ufer sich eine ganze Kette von schneeweißen Hochhäusern erstreckt.
Der Bucht folgt nach dem Umfahren des Ausläufers eines Hügels die sich noch viel weiter nach Süden erstreckende Xiangzhou Bay, an der sich auch ein kleiner Fischerhafen, geschützt durch die vorgelagerte Insel Yeli Island befindet.

 

In der Nachmittagssonne sind Arbeiter damit beschäftigt, entlang einer Promenade Blumenrabatten für eine Neubepflanzung vorzubereiten.

Dieser äußerste Bezirk von Zhuhai besteht größtenteils aus Ferienwohnblöcken, die hinter teils hohen Zäunen gesichert in erster Reihe an dieser weitläufigen Promenade stehen, mit Blick auf die schneeweiße Fassade einer architektonisch ungewöhnlich gestalteten Konzerthalle auf dieser Insel.

Dieser äußerste Bezirk von Zhuhai besteht größtenteils aus Ferienwohnblöcken, die hinter teils hohen Zäunen gesichert in erster Reihe an dieser weitläufigen Promenade stehen, mit Blick auf die schneeweiße Fassade einer architektonisch ungewöhnlich gestalteten Konzerthalle auf dieser Insel.
Den Küstenbereich verlasse ich dann an diesem Teil der Bucht auch schon wieder und fahre von hier aus weiter in Richtung Innenstadt, denn mein Quartier befindet sich am genau entgegengesetzten Ende, der Stadt und noch etwa 8 km entfernt.

Den Küstenbereich verlasse ich dann an diesem Teil der Bucht auch schon wieder und fahre von hier aus weiter in Richtung Innenstadt, denn mein Quartier befindet sich am genau entgegengesetzten Ende, der Stadt und noch etwa 8 km entfernt. Wieder muss ich einen Umweg fahren, da, wie sich herausstellt, die Brücke der S366 über den Qianshan River, die ziemlich direkt in das Viertel mit meinem vorab reservierten Hotel führen würde, mal wieder für Fahrräder gesperrt ist. So muss ich einige Kilometer entlang des Flussufers fahren, bis zu einer mehr Behelfsbrücke, die dann aus einer anderen Richtung und mitten durch eine Baustelle hindurch dorthin führt. Auch nicht schlimm, doch ich brauche eine Weile, bis ich das etwas versteckt in dem Viertel liegende Hotel auch finde.


Letztlich finde ich aber das Lim-Hotel doch und später am Abend ist das anfangs etwas winkelig angelegte und verwirrend wirkende Viertel mit seinen vielen kleinen Geschäften auch gar nicht mehr so unübersichtlich.
Zum Essen am Abend, Reis mit Sellerie und Chinesischem Spinat plus einem Eierpfannkuchen, trinke ich einmal ein Tsingtao-Bier, als Abschied von China, das ich morgen über die Grenze nach Macau wieder verlassen will.

Doch an der Grenze werde ich mit meinem Fahrrad zurückgewiesen, da hilft alle Diskussion mit einem Aufseher und mit einem der Grenzpolizisten nichts. Das Fahrrad wird nicht als Fahrzeug angesehen, ich soll damit, beladen wie es ist, so wie hunderte andere Fußgänger auch, durch eine große Abfertigungs-, Kontroll- und Zollhalle hindurch. Der Gonbei-Port wirkt wie ein riesiges Bahnhofsgebäude und eine freundliche Polizistin erklärt mir auf meine Frage hin, dass ich dort mit meinem Fahrrad durchaus hindurch darf.
Noch vor dem Gebäude werden die Reisenden auf mehrere Korridore aufgeteilt, an deren jeweiligem Ende alles Gepäck durchleuchtet wird. Also alle Taschen abladen und in den Scanner schieben, das Fahrrad interessiert nicht. Danach geht es in die große Halle hinein, wo die Pass- bzw. Ausweiskontrolle hauptsächlich automatisiert erfolgt. Nicht jedoch für Ausländer. Vor dem Kontrollschalter muss ich das Rad durch den fest abgezäunten, schmalen Korridor schieben, genau wie wenige hundert Meter dahinter noch einmal auf der Seite von Macau. Mein Pass und das Visum werden untersucht, der Computer braucht dann eine Weile, bis er der Beamtin am Schalter erlaubt, den Ausreisestempel in meinen Pass zu drücken.
Dann folgt der chinesische Zoll, wieder muss ich die Taschen abladen und in den nächsten Scanner schieben. Doch es gibt keine Beanstandungen.

Auf der anderen Seite der großen Halle gibt es noch nicht einmal einen Stempel in den Pass, lediglich einen Zettel. Dann bin ich auf einmal in Macau – kleiner Busbahnhof, die Sonne drückt inzwischen wieder stärker durch die Wolken.
Ich setze mich auf eine Bank, ziehe die dünne Jacke aus. Vor mir erhebt sich eine Wand aus schmucklosen acht-, bis vierzehngeschossigen Wohnhäusern zwischen denen die schmale Straße verschwindet, auf der ich kurz darauf in die Enge dieser Stadt eintauche.
An Einbahnstraßen muss ich mich jetzt gewöhnen, an unvermittelte Richtungswechsel und plötzliche Anstiege hinter der nächsten Ecke – und an Linksverkehr. Der ist noch das geringste Problem, aber die Einbahnregelung verbunden mit der Enge der Straßen bremsen mich mehrmals aus.

Die enge Bebauung direkt entlang der Straßen, an denen oft nur ein schmaler Fußweg minimalen Abstand bietet, macht die Stadt sehr unübersichtlich. Eine kurze Übersicht verschaffe ich mir in einer Seitenstraße, die steil einen Hügel gleich etwa 500 Meter nach der Grenze hinaufführt, zu einem kleinen Park und den Resten eines alten portugiesischen Forts. Dem ‚Fortaleza da Mong Ha‘.
Ringsum sehr unterschiedliche Wohnhochhäuser und in der Ferne die Silhouette des ‚Macao Towers‘ und des Kasinos ‚Gran Lisboa‘.

Bis zu meinem Quartier hier in Macau, dem Guia Hotel, das auf halber Höhe unterhalb des gleichnamigen Leuchtturms an einer weiteren Erhebung, etwas weiter südlich liegt, ist es keine 2 Kilometer weit, doch wegen der Einbahnstraßen brauche ich noch etwa eine halbe Stunde bis dorthin.

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Guia Leuchtturm inmitten von Macau
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Große Städte im Südwesten des Perlenflusses

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Am Jiang River in Zhongshan

Die Region südwestlich der Metropole Guangzhou wird von vielen Flüssen durchzogen, die alle in Richtung Südchinesisches Meer strömen, sich teilweise zu breiteren Strömen vereinen, wie der Perlenfluss, der bei seiner Mündung zwischen Hong Kong und Macao eine Breite von mehr als 35 km aufweist.
Diese Region ist stark industriell entwickelt, es werden von Elektronikkomponenten bis zu großen Maschinen viele Dinge produziert und transportiert und entsprechend stark ist die Infrastruktur ausgebaut. Hauptsächlich Fernverkehrs- und Expressrouten, für die dann auch mehr oder weniger aufwendig konstruierte Brücken zum Queren der vielen Wasserwege vorhanden sind. Diese Brücken bestimmen dann letztlich auch meine Route durch die Region, zunächst nordwärts von Jiangmen aus über Heshan bis an den Rand von Foshan, um dort Florence noch einmal kurz in ihrer Heimat zu treffen, danach südwärts über Shunde nach Zhongshan und von dort nach Zhuhai und weiter bis nach Macao.

 

Leider beschert mir der Winter im Süden Chinas vorübergehend graues und feuchtes Wetter, zumindest seit ich von Taishan aus weiter in nördlicher Richtung gefahren bin, wurde es täglich etwas kühler und regnerischer. Jiangmen z.B. habe ich nur grau und mit Dauernieselregen in Erinnerung. Ich hatte dort ein Zimmer in der Nähe einer schön angelegten Parkanlage, die am Tag meiner Ankunft noch von vielen Einheimischen zum abendlichen Spazieren, zum gemeinsamen Gesang oder auch Tanz genutzt wurde, was an dem verregneten zweiten Tag und Abend dann ausfiel. Dabei ist das immer wieder ein nettes Schauspiel, wenn Leute verschiedenster Altersstufen sich auf einem großen Platz treffen, um gemeinsam in der Dämmerung zu der Musik aus einem manchmal quäkigen Lautsprecher zu tanzen.

Überhaupt war ich an meinem Pausentag in Jiangmen nur wenig draußen, habe mir das Xinhui Museum angesehen, wo mehrere kleinere Ausstellungen präsentiert werden, Eintritt frei. Es sind einige Werke lokaler Künstler zu sehen, einige Stücke älterer chinesischer Porzellankunst, sowie Ausgrabungsstücke, die bei der Restaurierung der Bauten vor einigen Jahrzehnten freigelegt wurden.

 

Als ich von Jiangmen weiter in Richtung Norden fahre, ist der Himmel stark bewölkt, der leichte Regen vom Abend hat in der Nacht irgendwann aufgehört, aber die Tropfgeräusche waren von den Blechdächern der Balkone am benachbarten Gebäude noch bis zum Morgen zu hören, mehr als 15°C werden es an dem Tag nicht. Die Stadt ist eine Flächenstadt und hat am westlichen Rand, begrenzt durch einige Berge, auch großzügige Grünflächen, wie die Gui Feng Shang Scenic Area. Wie so viele andere Parkanlagen in China auch, ist das Gelände jedoch eingezäunt und an den Zuwegen gut gesichert. Polizisten beobachten sogar recht genau den Verkehr vor dem südlichen Eingang, an dem ein größerer Parkplatz vorhanden ist, wo aber auch mal wieder gebaut wird.

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Gui Feng Shang Scenic Area

Ich dachte, hier am Rand einen Teil der Stadt umfahren zu können, muss aber letztlich doch durch das Zentrum, bis zu dem ich allein schon 20 km Strecke mache. Unterwegs wärme ich ich bei einem McDonalds auf – immerhin gibt es dort mal wieder Kaffee. Im Zentrum der Stadt dann ein großes Rondell, um das der Verkehr herum geleitet wird, und mitten drin befinden sich gleich zwei Museen. Dasjenige für zeitgenössische chinesische Kunst ist leider geschlossen, das zweite, welches den chinesischen Auswanderern der beiden vergangenen Jahrhunderte gewidmet ist, sehe ich mir hingegen kurz an. Gerade aus dieser Gegend Chinas, durch die ich mich im Moment bewege, sind vor allem im 19ten Jahrhundert viele Menschen nach Nordamerika ausgewandert und haben dort u.a. den Bau der tausende Kilometer langen Eisenbahnlinien in den USA und vor allem in Kanada ermöglicht, einfach durch ihre Vielzahl an Arbeitskräften.

 

Der Übergang von Jiangmen nach Heshan ist dann beinahe nahtlos, auch wenn die beiden Städte auf der Karte klar voneinander getrennt sind und theoretisch weit auseinander liegen. Die Wohngebiete Jiangmens dehnen sich aber einerseits immer weiter nach Norden aus, werden auf den Werbebannern entlang der Bauzäune, die so eine Bauzone immer vor zu neugierigen Blicken abschirmen, aber als künftige Wohnparadiese angepriesen, wo das Leben entspannter und ökologischer als bisher sein wird. Und andersherum dehnt sich der Industriegürtel von Heshan immer weiter nach Süden aus.
Aber es gibt dazwischen noch Nischen, in denen kleinere Dörfer existieren und das Auge vom Grün der Landschaft wieder etwas beruhigt wird. Im Vorbeifahren zumindest kurzfristig.

 

Später fahre ich durch den zentralen Bereich der Stadt Heshan auf kleineren Seitenstraßen, komme durch ein Wohnviertel mit vielen kleinen Geschäften entlang der Straßen und halte dabei nach einer Bäckerei Ausschau. Es sind oft unscheinbar kleine Läden, die aber trotzdem von außen aufgrund der drinnen vorhandenen, beleuchteten Glasvitrinen gut zu erkennen sind. Ich habe es mir inzwischen angewöhnt, am Nachmittag, wenn ich am Tagesziel angekommen bin und das jeweilige Hotelzimmer bezogen habe, mir einen Instantkaffee zu machen und ein Stück von dem in praktisch jeder Bäckerei angebotenen Blätterteig mit Pudding zu essen. Eine Créme Brûlée en miniature sozusagen – lecker, nach den Stunden auf dem Rad.
Auch hier habe ich relativ bald Glück, sehe den kleinen Backshop rechtzeitig und kaufe neben dem Puddingtörtchen auch noch ein Stück einer andere Variante von Blätterteigkuchen. In den Hotelzimmern hatte ich bisher immer einen Wasserkocher zur Verfügung und diese Serie setzt sich auch in Heshan fort.

Am nächsten Tag will es gar nicht erst richtig hell werden, der Himmel bleibt dicht und grau verhangen. Von meinem Zimmer im 7. Stock aus erscheint die gegenüberliegende und ebenfalls graue Häuserfront wie eins mit dem Grau der Wolken.
Das Guoshang Hotel liegt praktischer Weise schon am nördlichen Stadtrand von Heshan, so komme ich schnell an den Shaping River, einen Zufluss des breiten Xi Rivers, an dessen Ufer ich dann einige Kilometer in östlicher Richtung entlang fahre. Es scheint heute noch kühler zu sein, dabei dachte ich gestern schon, es wäre der Tiefpunkt. Als es nach kurzer Zeit erst mit Niesel, dann etwas stärker zu regnen beginnt, suche ich mir eine Überdachung und werde auch bald am Büroeingang einer Werkstatt, die an der Nebenfahrbahn der Y985 liegt, fündig. Das Vordach ist nicht breit, reicht aber, um trocken die Packtaschen öffnen zu können. Ich suche meine etwas wärmeren Handschuhe heraus, denn mit den sehr offenen, einfachen Handschuhen, kühlen mir die Hände bei dem Regen zu schnell aus. Die Regenjacke trage ich eh von Anfang an, mit drei wärmenden Lagen darunter.

 

Als der Regen nachlässt, fahre ich weiter. Anfangs suche ich mir eine Uferstraße, von der ich annehme, dass sie für den Durchgangsverkehr nicht interessant ist, was eigentlich auch so stimmt. Was ich aber nicht weiß; es gibt entlang dieser schmalen Betonpiste eine Reihe von Baustoffbetrieben, die Baurohstoffe wie Sand und Kies direkt vom Flussufer, von dort anlandenden Frachtschiffen geliefert bekommen. Das macht das Umschlagen des Materials recht einfach und von den Betrieben aus wird das Material mit LKWs dann weiter verteilt. Sehr zu meinem Leidwesen, denn es sind eine ganze Menge LKWs die teils recht sportlich mit dem Feinkies auf der Ladefläche diese schmale Betonstraße entlang geschossen kommen.

Leider geht diese Straße nach kurzer Strecke in eine Baustelle über. Offenbar soll sie durch einen Neubau ersetzt werden und wurde schonmal um einige Dutzend Meter verlegt, zudem dient sie nun als Baustraße, hat keinen festen Belag mehr, sondern eine Oberfläche, die zwar aus dem ehemaligen Beton besteht, der zuvor aber fein geschreddert und nun als neue Fahrbahn aufgeschüttet und verdichtet wurde. Der Regen und viel Sand, der von den großen Fahrzeugen von der Baustelle immer mitgeschleppt wird, machen das zu einer unebenen und schlammigen Angelegenheit. Ich komme nur noch sehr langsam voran, da ich auf dem holperigen, in schlammigen Pfützen auch schlüpfrigen Untergrund weder stecken bleiben noch wegrutschen will.
Nach etwa 2 Kilometern ist dieser Spuk aber vorbei und das Fahrrad ist inzwischen eingesaut, wie schon lange nicht mehr.

Für einige Kilometer folgt ein Abschnitt der schon fertiggestellten neuen Straße, die in beiden Richtungen jeweils dreispurig angelegt ist und kaum benutzt wird. Sie dient als Zubringer zur S112, eigentlich einer niederrangigen Fernstraße, deren Brücke über den XiJiang ich in Richtung Osten nutzen will. Überraschender Weise ist sie für Fahrräder gesperrt, das Schild an der Zufahrt ist eindeutig. Ich ignoriere es trotzdem, denn ich habe keine Alternative. Als ich mich die Rampe hinauf arbeite, wird mir auch klar warum. Den sonst immer vorhandenen Seitenstreifen hat man hier gespart, dafür die drei Richtungsfahrbahnen etwas breiter ausgelegt. Der von Süden her aus der Region Jiangmen kommende Fernverkehr besteht fast nur aus Schwerlast-, überwiegend Container transportierende LKWs, die Taktfolge ist ziemlich dicht.
Auf halber Höhe steht am Fahrbahnrand, dort wo eine Fußgängertreppe ansetzt, die ich nun wirklich nicht nutzen wollte, einsam ein Polizeimotorrad, aber weit und breit ist niemand zu sehen. So ziehe ich letztlich unbehelligt am rechten Rand der rechten Spur über die etwa 1,5 km lange Brücke und den danach noch ansetzenden Damm, auf dem aber schon wieder eine separate Spur für langsamere Fahrzeuge existiert. Etwa 2 km weiter mache ich an einer Zufahrt in ein Dorf unter weit ausladenden Bäumen eine kurze Verschnaufpause und ziehe die Regenjacke endlich aus, die mir inzwischen etwas zu warm geworden ist.

Später muss ich noch zwei weitere Schnellstraßenbrücken benutzen, die jedoch nicht ganz die Dimension derjenigen am XiJiang haben. Einmal bei Leliu, wobei ich die Stadt selbst nur streife, und später bei Long Jiang über jeweils einen Seitenarm des Shunde Zhuxi. Bei letzterer sehe ich schon von weitem, dass der Treppenaufgang zum separaten Fußweg über die Brücke auch eine schmale Spur zum Schieben von Zweirädern hat. So mache ich mir die Mühe, hänge mir eine der beiden Gepäcktaschen über die Schulter und schiebe das Rad langsam die vier Treppenabsätze nach oben, wo ich dann ganz entspannt und getrennt vom Verkehr die ca. 400 m lange Brücke zum anderen Ufer hinüber radeln kann. Dort muss ich das Rad die Treppe dann wieder hinunter schieben, der Schnellstraße ein Stück weit folgen, bevor ich an einer Wendestelle zu meiner eigentlich Richtung wieder zurückfinde.

In Beijiao mache ich erneut einen Tag Pause, hatte mir vorgenommen, mit der Metro von Foshan aus nach Guangzhou hineinzufahren, aber lasse es wegen des durchwachsenen, kühlen Wetters bleiben und mache stattdessen einen Tagesausflug über 50 km mit dem Fahrrad nach Shanwa, einem kleinen Städtchen mit teils erhaltenem Altstadtkern. Das führt mich zwar in die entgegengesetzte Richtung, aber dieser Ort ist auch eine Besichtigung wert.

Als ich dann heute morgen in Richtung Süden weiterfahre, ist die Luft gleich wieder etwas wärmer, als an den letzten Tagen, und über den Nachmittag scheint auch ab und zu mal die Sonne.

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Von Taishan nach Jiangmen

IMG_9922Es ist ungewöhnlich kühl am Morgen. Ein fast eisiger Wind von Nordost bläst mir entgegen, als ich mal wieder recht spät am Tag in Taishan starte. Mit den Schauern von letzter Nacht, hat sich die Luft insgesamt wohl etwas abgekühlt. Dabei war der Sonnenschein vom Hotelzimmer aus betrachtet so verlockend und ich habe meine warmen Sachen tief in die Packtaschen gesteckt. Über die dünne Weste ziehe ich dann bald noch die dünne Windjacke.

Ich muss noch einmal durch die renovierte Altstadt, die hinter der Brücke über den Taishan Fluss beginnt und teils aus einem Gewirr von kleinen parallel, aber nicht geradlinig verlaufenen schmalen Straßen besteht, rechts und links jeweils eng mit den klassischen zweigeschossigen Häusern bebaut, die man in kleineren Städten noch sieht, die an vielen anderen Orten aber längst der kompletten Neugestaltung der Innenstädte zum Opfer gefallen sind.  Die Gebäude sind nicht nur in erster Reihe entlang der etwas breiteren, durch dieses Viertel hindurch führenden Hauptstraße teilweise völlig neu errichtet. Diese Neubauten imitieren den alten Baustil, haben aber beinahe glatte, weniger verschnörkelte Fassaden. Im unteren Geschoss befinden sich Geschäfte, Werkstätten, kleine Galerien. Für dieses Viertel müsste ich einen Tag Zeit haben, bin gestern am späten Nachmittag schon einmal hier vorbei gekommen, als ich mir noch eine große Parkanlage am Stadtrand angesehen hatte, jetzt kann ich auch nur langsam hindurch rollen und muss dann weiter. Gestern am Abend war hier deutlich mehr Verkehr auf der Straße.

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In der Altstadt von Taishan

Die kühle Luft bewegt sich unverändert, als ich etwas später wieder auf offenem Land auf der stark befahrenen S273 nordwärts fahre. Mancherorts sind die Ausblicke von dieser Straße ja recht interessant. Einmal ist da ein Dorf in geringer Entfernung, an dessen Nordende eine Art von Wehrturm den Abschluss dieses Dorfes bildet, etwas später bilden eingezäunte Gewerbeflächen den Rahmen der Straße, von Heavy Industries ist an der Zufahrt eines großen Areals mit gewaltigen Hallen, denen man nicht ansieht, was drinnen verarbeitet wird, zu lesen. Vielleicht wird Stahl erzeugt? Auf den riesigen Freiflächen stapeln sich jedenfalls Stahlplatten und -röhren verschiedenster Dimension.

Dann wieder Baustellen, Hochhausbau auf der einen Straßenseite, Straßenbau auf der anderen. Von einem größeren Industriebetrieb schwärmen Arbeiter auf ihren Elektro-Mopeds aus und kommen mir auf dem Seitenstreifen entgegen.
Inzwischen kommt die Sonne ab und zu durch die Wolken und es wird schnell wärmer, nach etwa 12 km auf dieser zwar geradlinig verlaufenden, aber dennoch unangenehmen Straße setze ich mich ostwärts in Richtung einer schmalen Querverbindung ab – und lande dort prompt in einer Sackgasse. Eher unscheinbar war bereits etwa 200 Meter zuvor ein schmalerer Betonstreifen schräg in die Landschaft hinein abgezweigt.

 

Okay, diese schmale, gleich hinter einer langgezogenen Biegung im Grünen in Richtung bewaldeter Hügel verschwindende Straße nehme ich jetzt. Doch es dauert nicht lang, da wird die Betondecke erst löchrig und ist ein gutes Stück weiter komplett eingebrochen. Für einige Meter überzieht bräunlich schlammiges Wasser die Straße, ein paar hundert Meter weiter ist es unebener, lehmiger Boden mit Pfützen, was anstelle der Straßendecke übrig ist und bald darauf sehe ich auch warum: zwischen den Hügel wird in der Richtung in die diese alte schmale Straße verläuft eine neue Straße angelegt. Von der Breite des aufgeschütteten Damms geschätzt, könnte es eine vierspurige Straße werden, teils sind die Hügel dafür abgetragen worden, wie ich später sehe, das bewegte Erdreich bildet den Damm, der an manchen Stellen über bereits gegossene Betonröhren aufgeschüttet wurde, die später als Wasser-Querläufe dienen werden. An anderer Stelle wird der Untergrund erst präpariert, werden Betonstützen gegossen.
Die Straße, die ich hier als Stille Alternative durch die Berge und entlang eines Stausees nutzen will, dient jedenfalls als Baustraße für diesen Neubau und die schweren Baumaschinen und Material-LKWs haben ihre offenbar schwer zugesetzt.
Im Moment ist von diesen Fahrzeugen allerdings nicht viel zu sehen, nur wenige Arbeiter sind überhaupt auf dieser riesigen Baustelle anwesend. Insgesamt komme ich natürlich vorwärts, aber ich muss oft stoppen, um dann vorsichtig durch die schlammigen Abschnitte zu fahren, und umdrehen will ich natürlich nicht. Glücklicher Weise sind jetzt keine großen LKWs auf der schmalen Straße unterwegs, lediglich ab und zu ein Kleintransporter, der mich überholt. Das gibt mir auch gleichzeitig die Gewissheit, dass die Straße durchgängig ist und nicht irgendwo wegen der Baustelle ganz endet.

 

Eigentlich ist es eine ruhige, weit entrückte Gegend, durch die ich hier komme und die schmale Straße wurde sicherlich einmal angelegt, um eine Versorgungsstraße für den Stausee zu haben. Wenn der Neubau erst fertig ist, wird sich das Bild vermutlich stark verändern. Nach etwa 20 km erreiche ich den nächsten Ort und kurz bevor die nun wieder mit zwei regulären Fahrstreifen ausgestattete und eng mit Straße in Shuang Shui auf die S271 mündet, halte ich an einem Restaurant, wo ich nach etwas längerer Verhandlung mit einer hilfsbereiten jungen Frau, die nur geringfügig besser Englisch spricht als ich Chinesisch, eine schöne Portion Gemüse und einen gedünsteten Fisch bekomme. Der ist stäbchengerecht vorgeschnitten und so zart, dass ich mit den Gräten nicht lange kämpfen muss.

Auf der von Südwesten nach Jiangmen hinein führenden Landstraße dominiert dann bald wieder der schwere LKW-Verkehr und die Straße wird für zwei Brücken, die nacheinander über den Tan River führen, auch noch schmaler. Ein großer Teil dieses Verkehrs biegt aber auf eine Ringstraße ab, die am Ortseingang quer dazu verläuft und danach wird es gleich wieder ruhiger. Gewerbebetriebe liegen auf beiden Seiten der Straße, Möbeltischlereien hauptsächlich, die offenbar alle sehr ähnliche Designs an Tischen und kleineren Schränken in einem rötlich braunen Holz produzieren.

 

Schnell ist der übliche Innenstadtverkehr wieder um mich herum, den ich viel mehr beachten muss, als die LKW auf irgendwelchen Landstraßen.
Mein Quartier liegt dann für zwei Tage am Rand eines kleinen Parks und direkt Seite an Seite mit mit dem Xinhui Museum, einem repräsentativen Bau aus einer früheren Dynastie. Nach inzwischen knapp drei Wochen auf dem Rad will ich auch einmal einen Tag Pause machen.

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Überraschende Begegnung und der weitere Weg bis Taishan

Heute morgen ist es dann doch passiert (schreibe ich mir am 19.02. ins Tagebuch): auf der recht stark befahrenen G325, die etwas nördlich von Yangxi verläuft und die ich für etwa 6 – 7 km benutzen muss, bevor ich wieder ins Hinterland abtauchen kann, sehe ich bereits von Ferne die Silhouette eines eher ungewöhnlich beladenen Zweirads vor mir. Bald kann ich die typischen Reflektoren von Ortlieb Packtaschen an dem Rad, das etwas langsamer als ich fährt, erkennen. Ein Radreisender, der offenbar auf einer langen Tour ist, denn neben zwei großen Packtaschen am Hinterrad, hat er auch vorne zwei Taschen am Lowrider und zusätzlich einen wasserdichten Packsack auf dem Gepäckträger, außerdem einen leeren Wasserkanister. Ich überhole und grüße und es stellt sich heraus, dass es ein Chinese ist, etwa in meinem Alter, der seit rund vier Monaten sein Land bereist und nun auf dem Weg nach Shenzhen ist. Besonders gut ist sein Englisch nicht, aber für den kurzen Austausch genügt es. Es freut uns gegenseitig, uns getroffen zu haben und wir wünschen uns gegenseitig gute Reise, denn er fährt weiterhin auf der Fernverkehrsstraße, während ich an dem Abzweig, den wir inzwischen erreicht haben, auf eine weiter nach Süden führende Nebenroute wechsle. Ich will heute nur bis nach Yangjiang fahren und kann mir einige Kilometer Umweg leisten.

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So ungewöhnlich beladen fährt nur ein Radreisender

Kurzer Stopp nach etwa 12 km bei einer Bäckerei, die neben Süßgebäck und vielen verschiedenen Keksen auch belegte Toasts mit Käse anbietet. Ich brauche noch etwas für das ‚zweite Frühstück‘ und für den Nachmittag.
Seit Yangxi hat sich die Umgebung etwas verändert, mancherorts ist die Vegetation richtig üppig. Die Landschaft bietet mehr Abwechslung als an den letzten Tagen; grüne Hügel, wenig Agrarflächen, die Straße macht häufiger Richtungswechsel, kreuzt zweimal eine Bahntrasse. Die umliegenden Dörfer haben von dieser auf Betonstelzen, bzw. überwiegend auf einem Damm geführten, ihre Landschaft zerschneidenden Bahntrasse nicht viel, der nächste Bahnhof liegt weit entfernt.

 

Leider wird es heute gar nicht richtig hell, der Himmel ist dauerbewölkt, seit es gestern abend doch noch kräftiger geregnet hatte. Die Luft ist trotzdem nicht kühl, ungefähr 22°C bei sehr hoher Luftfeuchte, ab und zu fallen einzelne feine Regentropfen.
Auch in dieser Gegend komme ich gelegentlich an größeren Teichen vorbei, an denen in großer Zahl Gänse gehalten werden. An anderer Stelle sind es wieder Fischteiche, nicht immer sind sie in Betrieb. In den kleinen Städtchen ist immer viel Geschäftigkeit auf der Straße, ob da nun einzelne Leute unter einem Sonnenschirm am Straßenrand ihre Ware anbieten, manchmal nur etwas Obst, oder gleich mehrere Marktstände dafür sorgen, dass der Straßenrand blockiert wird, ob jemand Kartons einsammelt und mit der gefalteten Pappe seinen Handwagen oder gleich die Ladefläche eines größeren Dreirads überlädt, ob ein Handwerker vor seiner Werkstatt sitzt und an der frischen Luft seine Schweißarbeiten durchführt oder ob direkt an der Straße improvisiert gekocht wird. Eigentlich überall treffe ich auf Menschen, die mit irgendeiner Tätigkeit beschäftigt sind.

 

Neben einer Brücke über den Seitenarm einer nahen Bucht, die sich etwa vier Kilometer weiter südlich ins Meer öffnet, liegen einige größere Fischerboote, die vermutlich erst in der nächsten Nacht wieder auslaufen werden, um ihre Netze auszulegen. Eigentlich liegen immer irgendwo Boote am Ufer, oder auch ‚im Päckchen‘ falls der Platz am Ufer nicht ausreicht, wenn ein Wasserweg irgendwie einen Zugang zum Meer hat. Die Fischerei hat hier offenbar eine große Bedeutung, und sei es auch nur für den eigenen Bedarf.

Als ich mich am Rande des Ortes Pingdong etwas umsehe, beginnt es doch noch zu regnen. Ich kann mich dort aber mitsamt dem Fahrrad unter dem Blechvordach einer momentan verschlossenen Hütte unterstellen und abwarten. Irgendwann rennt eine Ratte im Zickzack quer vor der Hütte vorbei und verschwindet schnüffelnd und suchend an einem mit einer kleinen Plane abgedeckten Haufen irgendwelcher Dinge.
Ratten – ja, natürlich muss es die hier auch geben, bei den oftmals offenen Müllsammelstellen und den selten geschlossenen Abwasserkreisläufen auf dem Land. Zumal bei der recht hohen Anzahl plattgefahrener Exemplare, die ich täglich auf der Straße sehe. Die Tiere scheinen dem Straßenverkehr nichts beizumessen und rennen anscheinend jederzeit quer darüber, allerdings hatte ich bisher außer den toten Tieren auf der Straße, keine Ratten herum rennen gesehen.

 

In Yangjiang gibt es, wie schon in anderen Großstädten, Leihfahrräder von mehreren Unternehmen, die offenbar gut nachgefragt werden. Schon früh bevor ich in die Innenstadt komme, fallen mir diese eher kleinen Räder vereinzelt auf.
Häufig haben die Leute auch gar keinen Platz, um dauerhaft ein Fahrrad bei sich unterzubringen, denn so etwas wie einen Kellerraum für jede Wohnung gibt es in einem Wohnhaus mit dutzenden Etagen einfach nicht, da ist es offenbar einfacher, bei Bedarf eines auszuleihen, wenn die Fahrräder denn quasi jederzeit und überall verfügbar sind. Auf dem großen Platz vor einer Shopping-Mall, gleich neben der Zufahrt in das dortige Parkhaus, stehen die Räder eines der im Land weit verbreiteten Verleiher gleich in großer Zahl. Überwiegend mit Elektromotor.

 

Nicht direkt im Zentrum, aber an einer der breiteren Durchgangsstraßen bekomme ich in Yangjiang ein bequemes, großes Zimmer mit Aussicht auf diese breite Straße. Es sind dort einige Händler von Motorrollern, Elektrorollern, Autowerkstätten und Händler für Werkstattbedarf und Haushaltsartikel. In dem südlich gelegenen Vorort, durch den ich in die Stadt hinein komme, befinden sich viele kleine Werkstätten an der Straße und sitzen die Leute u.a. draußen zusammen und spielen Karten.

Am nächsten Morgen wird mir das Frühstück aufs Zimmer gebracht. Beim Einchecken hatte man mir gestern gesagt, dass es Frühstück um acht Uhr geben würde, aber ich hatte dieser Information nichts Besonderes beigemessen. Um dreiviertelacht klopft es jedenfalls an der Tür, während ich mir noch die Zähne putze. Offenbar hat das Hotel eine Kooperation mit KFC, dann das Reis-Porridge mit Huhn und das geformte Spiegelei kommen in einer entsprechend bedruckten Papiertüte. Es sind 2 Portionen, da es ja ein Doppelzimmer ist, in dem ich übernachtet habe. So mache ich mir schnell Kaffee und esse in Ruhe, schreibe noch etwas, bevor ich packe und losfahre.

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Durchgangsstraße in Yangjiang

Zunächst zum Postamt, das ich gestern abend noch gesehen hatte, als ich in der nahen Shopping-Mall zum Essen gewesen bin. Ich will einige Karten wegschicken und endlich auch mal ein paar Briefmarken kaufen, was letztendlich auch gelingt. Aber es kostet wieder einmal viel Zeit. Hatten die Leute auf den Ämtern, bei denen ich bereits Karten abgegeben habe, immer schnell damit begonnen, die Karten zu stempeln, oder mir zu zeigen, wo ich denn die Karten einwerfen solle, müssen die beiden Angestellten hier im Amt erst einmal feststellen, wo denn die Karten hin sollen und ob das aufgeklebte Porto auch stimmt. Und das tun sie anhand eines handgeschriebenen Zettels, auf dem viele, viele Länderkürzel vermerkt sind. Die Karten werden gewogen und dann wird diskutiert, ob die 5 Yuan, die ich überall draufgeklebt habe, auch ausreichen. Schließlich leimt einer der beiden noch je zwei kleine, blaue Labels auf jede Karte. Vielleicht so etwas wie ‚Luftpost‘ ? Gesehen habe ich so etwas bisher jedenfalls noch nicht.

Nachdem ich auch noch Briefmarken bekommen habe (nur abgezählt und nicht zu viele, da die Marken-Ausstattung im Amt erstaunlicher Weise tatsächlich nicht besonders groß ist), mache ich mich aufs Rad und rolle erst relativ spät am Nachmittag im dichter werdenden Verkehr nordostwärts aus der Stadt heraus. Nach nur wenigen Kilometern befindet sich neben der Straße, an der sich etwas zurück gesetzt einige größere Betriebe zu befinden scheinen, auch eine richtig große Garküche, die gerade noch mit den Vorbereitungen für das mittägliche Kochen beschäftigt ist. Als ich mir die großen Feuerstellen und Töpfe genauer ansehe, wollen mich die Frauen gleich zum Essen einladen, aber mir ist das noch zu früh am Tag.

 

Für mehr als 2/3 der Strecke bis nach Enping habe ich außer der G325 keine Alternative, da aber parallel auch noch eine Autobahn bzw. ein Expressway existiert, bleibt der Verkehr ab dem Abzweig dorthin dann doch überschaubar. Zudem ist die Fahrbahndecke hier in so schlechtem Zustand, wie ich es bisher noch nirgends erlebt habe, weder auf irgendwelchen Provinzstraßen, noch auf den stark genutzten Fernverkehrsstraßen.
Auch an dieser Fernstraße finde ich Punkte, an denen ich mich kurz von der Fahrbahn zurückziehen und vorübergehend ausspannen oder einfach etwas Obst essen kann. Manchmal gibt es so etwas wie Niemandsland zwischen der Straße und dem nächsten Dorf.
An der Nebenstraße, über die ich Enping am Nachmittag erreiche sind mehrere holzverarbeitende Betriebe angesiedelt, die offenbar Furniere herstellen. Das Holz im Format großer Bögen trocknet auf Gestellen, die sich auf einer Fläche von hunderten von Quadratmetern verteilen.

Von Enping aus fahre ich dann in östlicher Richtung weiter. Taishan liegt etwa 50 km davon entfernt, aber die Landschaft wird erneut bergiger und die tatsächliche Strecke verläuft alles andere als geradlinig. Die Fernstraße G325 liegt weitab meiner Route, die dann an einigen kleineren Dörfern vorbeiführt und wegen des bergigen Geländes einige Extraschleifen beinhaltet. Am Ende werden es 67 Kilometer.
Der nur leicht bewölkte Himmel verspricht einen schönen Tag, wobei die Temperatur am Vormittag schnell auf 28° klettert. Die Luft ist zudem recht schwül.
An größeren Siedlungen entlang der Strecke sind eigentlich nur Chishui und Sanhe erwähnenswert; Orte, an denen ich jeweils auch von einer Landstraße auf eine andere wechsle, Marktflecken mit sympathischer Geschäftigkeit. In Chishui, einem Städtchen mit typischer, zweigeschossiger Archtektur, suche ich kurz nach einem Restaurant und finde nur eines am zentralen Verkehrskreisel, mache dort dann eine längere Mittagspause unter dem weit ausladenden Blechdach und esse Blattgemüse (Bai Cai) mit etwas Huhn und Reis.

Es fährt sich heute bei dem geringen Verkehr doch deutlich angenehmer, als an den letzten Tagen. Einheimische schauen mich öfter mal etwas ungläubig an und es kommt sogar vor (nicht nur heute), dass jemand im Vorbeifahren den Daumen in meine Richtung hebt. Das zeigt mir immer wieder, dass ich nicht einfach nur als Störung auf der Straße wahrgenommen werde. Anhalten tue ich bei dem warmen Wetter heute auch häufiger, als ich es an den letzten Tagen gemacht hatte, um zu trinken. Wasser ist dabei nie ein Problem.

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Parkanlage in Taishan

Am Nachmittag unternehme ich in Taishan dann noch einen Ausflug in eine größere Parkanlage am östlichen Ende der Stadt. Dort gibt es neben einem See, um den herum viele Läufer trotz der Nachmittagswärme ihre Trainingsrunden drehen, einen Höhenzug, auf dem Buddhistische Mönche in früheren Zeiten an Granitfelsen einige Inschriften hinterlassen haben.