Veröffentlicht in Allgemein, Malaysia, Thailand

Begegnungen? – Ja, viele.

Ich habe aufgehört sie zu zählen, dafür treffe ich hier in Thailand einfach zu viele andere Radfahrer. Meistens ist nicht mehr als ein kurzes ‚Hallo‘ oder ein sich zuwinken drin, und einige ignorieren mich auch. Vielleicht haben sie ja selbst bereits zu viele Gleichgesinnte getroffen.

Der nördliche Abschnitt der Küste des Golfs von Thailand ist aber auch ein ausgesprochen gutes Revier zum Radfahren, und je weiter ich nun nach Norden komme, desto dichter wird außerdem die Ferien-Infrastruktur. Weiter südlich, zwischen Surat Thani und Chumphon sind die Resorts klein, schlicht und teilweise sogar verwaist, da für die einheimischen Touristen jetzt offenbar keine Saison ist. Dafür habe ich dort ein ländliches, ursprünglicheres Thailand zu Gesicht bekommen, das man im Norden (zumindest entlang der Küste) gar nicht mehr findet. Europäische oder australische Touristen kommen wohl eher selten dorthin, was aber Ausnahmen nicht ausschließt. Unterkünfte sind noch vergleichsweise preiswert, was nicht heißt, dass sie schlicht oder auf niedrigem Niveau sein müssen. Die Qualität ist einfach sehr unterschiedlich.
Um die Stadt Chumphon herum ist das Gelände zudem etwas bergiger, weshalb Radurlauber diese Region wohl eher als die südliche Grenze für einen längeren ‚Ausflug‘ von Bangkok her sehen.

Nördlich von Chumphon aber treffe ich doch einige Radler, die jeweils zwei bis drei Wochen im Land unterwegs sind. Abgesehen von immer mehr Strandurlaubern oder sonstigen Touristen bzw. auch Überwinterern. Es sind nicht wenige Rentner aus allen möglichen Ecken Europas, die hier braungebrannt auf ihren Scootern durch die Straßen tuckern.
Zwischen Chumphon und Prachuap Khiri Khan gibt es sogar einzelne Orte, an denen sich Touristen aus Nordeuropa sozusagen konzentrieren, wobei die Strände nicht unbedingt die schönsten sind, bis auf Ausnahmen, die als Geheimtipp gelten könnten. Bei Ban Krut etwa, wo der ca. 20 Kilometer lange Strandabschnitt nach Süden hin außerdem von einer sehr malerischen Bucht abgeschlossen wird.
Und z.B. bei Huai Yang, das fest in Skandinavischer Hand ist. Dort ist der Strand nach Norden hin durch ein Naturreservat abgegrenzt und im Ort und dessen Umgebung weisen viele Werbetafeln in schwedischer Sprache auf den Verkauf und die bauliche Entwicklung von Grundstücken und Ferienhäusern hin, und die Speisekarte zumindest des Restaurants in dem ich am Abend gegessen habe, ist neben Thai und Englisch auch in Schwedisch abgefasst. Schon witzig.
Der kleine Bahnhof des Dörfchens Huai Yang erinnert wegen der Holzbauweise und seinem roten und gelben Anstrich durchaus auch entfernt an Schweden. Die meisten Bahnhöfe der Linie Surat Thani – Bangkok sind zwar in diesem Stil errichtet, aber hier liegt die Assoziation besonders nah.

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Bahnhof von Huai Yang

Und hier nun, etwa 100 Kilometer nördlich von Prachuap Khiri Khan ist nichts mehr mit Geheimtipps, hier stehen die Hotels und Resorts manchmal nahtlos nebeneinander, Restaurants buhlen um Kundschaft und Läden bieten neben bunten Stoffen für den Strand, Souvenirs, Koffern und Taschen z.B. „The Hugo Boss Collection – Beach Schneiderei“. Morgens wird am Meer gejoggt, Urlauber radeln mit geliehenen City-Bikes die Promenade auf und ab oder liegen den halben Tag in der Sonne. Am Stadtstrand von Cha-Am stehen die Sonnenschirme wie an der italienischen Riviera, oder der bulgarischen Schwarzmeerküste zu hunderten in mehreren Reihen nebeneinander.
Meins ist das nicht, aber die große Nachfrage an Bettenkapazität schafft auch ein recht vielfältiges Angebot und so kann ich hier zwischen wunderbar gestalteten Anlagen mit Pool und viel Security auch preiswerte Zimmer in schönen Hotels bekommen, die auch nicht weiter entfernt vom Meer liegen, ihre beste Zeit aber vielleicht schon hinter sich haben. Sie sind vielleicht etwas angestaubt, dafür nicht so stark ausgebucht und bieten mir trotzdem den Komfort, den ich als Radreisender nach einer langen Etappe suche. So ging es mir zumindest in Pak Nam Pran und auch hier am Rand von Cha-Am, wo ich mal wieder einen Tag pausiere.

Man kann in Thailand offenbar einigermaßen gute Fahrräder mit Gepäckträger preiswert leihen. Gestern traf ich bei einer Seafood-Farm mit angeschlossenem Restaurant, wo ich mittags eine längere Pause gemacht hatte, zwei Radler aus Deutschland, die von Bangkok aus südwärts radeln und so wie Andere auch, die ich einige Tage zuvor getroffen hatte, später mit der Bahn wieder zurück reisen wollen. Die Mountain-Bikes, mit denen sie unterwegs sind, kosten wohl 150 Euro für die drei Wochen, was vergleichsweise preiswert ist. Zumindest verglichen mit den Transportkosten für das eigene Fahrrad, abhängig von der gewählten Airline natürlich, die in der Regel deutlich höher liegen, und abgesehen vom Verpackungsaufwand, den man mit dem eigenen Fahrrad hat. Packtaschen und eigene Sättel haben sie mitgebracht.

Zwar weniger, aber dafür nette und überraschende Begegnungen, an die ich mich auch sehr gerne erinnere, hatte ich zu Beginn dieser Reise in Malaysia. Einmal war da der Versuch des Fahrers eines Kleintransporters, an einem heißen, sonnigen Vormittag mich mit Handzeichen aus seinem Fenster heraus zu stoppen, was ihm erst im zweiten Versuch gelang, da ich ja von Natur aus skeptisch bin, und dann die Überraschung für mich, als er mir eine Dose eines isotonischen Getränks (Plus100) in die Hand drückte.

Ein anderes Mal, wenige Tage später, als ich früh mit wenigen Bananen und Keksen im Bauch losfahre, weil das Hotel (in Batu Pahat) kein Frühstück anbietet, mache ich nach etwa 18 Kilometern eine Pause bei einem Restaurant an der Straße, das mir sympathisch erscheint. Es ist inzwischen sonniger Vormittag und unter der weitläufigen, niedrigen Überdachung etwas abseits der Straße sind einige Tische noch frei.
In der kleinen Glasvitrine gleich neben der Koch- und Grillplatte, auf der jemand Teigfladen bäckt, liegen einige kleine Teig-Quader aufgeschichtet, daneben eine Schüssel mit rohen Eiern und eine mit Salat und Lauchzwiebeln. Davor befinden sich weitere Schüsseln mit verschiedenen, eher dünnflüssigen Soßen. Das sieht nach scharfen Gewürzen aus. In einem großen, gut isolierten Eimer befindet sch Reis.
Eine der beiden Frauen, die hier offenbar gemeinsam mit dem Mann an der Koch-/Grillplatte den Betrieb schmeißen, frage ich nach einem Kaffee, den ich kurz darauf von der zweiten Frau in einem Glas geliefert bekomme. Tiefschwarz mit würzigem Geschmack und leicht gesüßt. Ich frage die Frau, was ich zu essen bekommen kann und deute auf den Teig. – Roti, sagt sie, was ich nicht verstehe, aber ich bedeute ihr, dass ich gerne zwei Stück davon hätte und zwei Spiegeleier dazu. Kurz darauf habe ich zwei knusperdünne Teigfladen auf einem Teller vor mir auf dem Tisch und ein Spiegelei obendrauf. Das Zweite Ei ist wohl im Rauschen untergegangen. Dazu bekomme ich ein Schälchen mit einer bräunlichen, sämigen Soße, in der Chili-Kerne schwimmen und ich habe zunächst Bedenken, davon zu essen. Die Soße stellt sich aber als sehr leckere und milde Erdnusssoße mit Curry-Note heraus, die sogar sehr gut zu den Fladen passt. Kurz: ich bin mit diesem für mich zweiten Frühstück höchst zufrieden und wahrscheinlich merkt man mir dies auch an.

Während ich esse, mache ich mir auch Notizen in meinem Tagebuch, wie eigentlich immer wenn ich eine längere Pause mache, und ich bin mit den beiden Fladen noch nicht ganz fertig, da sagt die freundliche Frau, die mir den Teller mit dem Essen gebracht hatte, etwas von bezahlen. Ja na klar – denke ich, bezahlen muss ich auch, und greife zu meiner Bauchtasche. Nein, nein – bedeutet sie mir, es sei schon bezahlt, der ältere Herr am Nebentisch hätte für mich mitbezahlt.
Uups – geht es mir durch den Kopf, und es fällt mir nicht so recht etwas dazu ein – das verblüfft mich dann doch. Den freundlichen Moslem am Nebentisch, älterer Herr in grau gefärbtem Kaftan und mit weißer Taqiyah auf seinem grauhaarigen Kopf, in Begleitung einer ebenfalls älteren Frau, hatte ich durchaus wahrgenommen und bei meiner Ankunft auch freundlich gegrüßt, ansonsten aber nicht weiter beachtet.
Ich weiß nicht was ich sagen soll, danke ihm jedenfalls, und die Frau nickt mir lächelnd zu, während er sich ebenfalls lächelnd aber schweigend entfernt.
Was ihn zu der Geste bewogen hat, ist mir nicht so recht klar geworden, gefreut hat es mich aber allemal.

Derartige Begegnungen machen natürlich einen Teil der Spannung bei einer solchen Reise aus, die ich nicht missen möchte. Genauso wenig wie die zufälligen Begegnungen mit anderen Fernreisenden oder Weltenbummlern, die wie ich die langsame Fortbewegung mit dem Zweirad in der Fremde lieben.

Da sind die beiden jungen schwedischen Pärchen, die jeweils von Stockholm aus einmal um die Welt, bzw. bis nach Singapur reisen und die ich im Abstand von etwa zwei Wochen getroffen habe, und da sind Kanzo aus Südkorea und seine Frau aus Thailand, die ich am Morgen als ich Melaka in Richtung Norden verließ, plötzlich gemächlich radelnd vor mir hatte und die sich ebenfalls die kurze Zeit genommen haben, sich mit mir über Erfahrungen und Reisepläne auszutauschen. Das war noch mit die schönste Begegnung, die ich in Malaysia hatte. Solch gemütliche und ausgeglichene Menschen trifft man wohl sehr selten.
Bis Myanmar hätten wir theoretisch gemeinsam fahren können, dorthin haben sie ihren Fokus gelegt und den ersten Grenzübergang dorthin habe ich erst vorgestern passiert, doch mein Reisetempo ist für die beiden zu hoch. So rollten wir nur einige Kilometer zusammen mit dem Verkehr entlang der Hauptstraße, da es in diesem Bereich keine Alternative gab, fanden eine Stelle an der wir uns im Schatten und etwas abseits der Straße unterhalten konnten und wünschten uns dann gegenseitig viel Glück für die weitere Strecke. Kanzo hat sein Arbeitsleben bereits an den Nagel gehangen und die beiden machen nicht die erste Tour dieser Art in Asien. Er ist auch der einzige, den ich mit Liegerad reisend getroffen habe.

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Begegnung nördlich von Melaka

Dass ich hier Radreisende treffen würde, hatte ich vermutet, eigentlich auch erwartet – dass es insgesamt so viele sein würden, eher nicht. In Afrika waren es in der Vergangenheit doch eher seltene Begegnungen, die ich bei meinen dortigen Reisen hatte. Mal einen Deutschen im Südosten Burkina Fasos, der damals ganz Westafrika bereist hatte, einen Kanadier im Norden Malawis auf Weltumrundung, zwei Franzosen in Zambia – das war’s auch schon. Aber immerhin, mit dem Fahrrad ist man heutzutage eigentlich nirgends auf der Welt mehr alleine.

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Grenzwechsel

Das ist heute der bisher wohl härteste Tag. Keine weite Strecke, aber eine Etappe mit zum Ende hin richtig bergiger Einlage. Dazu bläst mir von Anfang an der Wind immer entgegen, kräftiger als an den Tagen vorher. Ich bin wegen der kurzen Strecke erst spät in Kangar aufgebrochen, habe noch etwas Wasser gekauft und bin über eine Verbindungsstraße aus dem Zentrum heraus zur R5 (später R8) gefahren, die in Richtung Kaki Bukit und zur thailändischen Grenze führt.
Dort, noch in der Stadt, hält mich dann ein junger Mann an, der offenbar kurz vorher mit seinem Auto an mir vorbei gefahren ist, ich hatte nicht darauf geachtet. Er erklärt mir, dass er ebenfalls Rad fahren würde und dass er gerne ein Selfie mit mir machen würde. So werde ich bereits zum zweiten Mal zur Kulisse für (vermutlich) einen Facebook-Auftritt.

Aus Kangar heraus bleibe ich auf der niedergeordneten der beiden Straßen in Richtung Thailändischer Grenze. Sie führt westlich um ein großes Süßwasserreservoir herum und dabei durch nur noch spärlich besiedeltes Gebiet. Die von Kangar aus schon zu sehenden Karstberge , Erstmals sehe ich hier Pflanzungen von Kautschuk-Bäumen. Anders als ich vor einigen Jahren in Malawi Der Übergang den ich nutzen will ist auch nicht rund um die Uhr geöffnet, bis 18.00 Uhr muss ich dort durch sein, aber so lange will ich ja gar nicht brauchen. Die Sonne versteckt sich ab der Mittagszeit hinter Wolken, der Himmel zieht sich vorübergehend zu, doch die Temperatur fällt heute nicht mehr unter 32° C.

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In Kaki Bukit will ich dann endlich noch etwas essen. Der Ort wirkt allerdings genauso ausgestorben wie zuletzt die Landschaft, durch die ich gekommen bin, was aber daran liegt, dass sich das Zentrum nicht direkt an dem Abzweig nach Wang Kelian, dem eigentlichen Grenzort zu Thailand befindet, sondern erst etwa 300 Meter dahinter. Hier ist sogar einigermaßen Betrieb in drei chinesischen Food-Stalls, wobei die Auswahl nicht sehr groß ist. Immerhin kann ich nochmal Wok-Nudeln mit etwas Gemüse essen.
Als ich später zu der Straßenecke wieder zurück fahre, um meinen Weg nach Norden fortzusetzen, biegt gerade ein weiterer Radreisender von dort her kommend in die Richtung ab, aus der ich vorhin gekommen bin. Er nimmt mich nicht wahr, auch nicht mein Klingeln und ich folge ihm bis zum nächsten kurzen Anstieg und habe ihn nach etwa 400 Metern eingeholt. Er scheint es aber eilig zu haben, ein junger Mann vielleicht Anfang 30, in einem Funktions-Shirt, das mich an Australien denken lässt, auf einem wunderbar hellblau gemufften Bamboo-Bike. Woher er kommt, sagt er mir nicht, während wir langsam nebeneinander her radeln, er zieht lediglich die Ohrhörer aus den Ohren und fragt, ob ich die ganze Strecke von Berlin hierher gekommen wäre, denn meine Fahne kann er offenbar zuordnen. Ich erfahre noch, dass ich zur Grenze tatsächlich über den Berg fahren müsse, dann fährt er weiter und ich drehe ab, um meinen Weg wieder aufzunehmen.

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Ja, der Berg. Auf den Karten kann man zwar den kurzen Abschnitt mit Serpentinen erkennen, aber über die Steigung dabei sagen sie nichts aus. Letztlich ist es auch nicht einmal sehr hoch, der Scheitelpunkt lag bei 313 Metern, aber mit eben doch bis zu 12%igen Anstiegen. Das bekomme ich mit meiner Gesamtlast natürlich nicht so einfach hin, wie erhofft. Alle paar hundert Meter mache ich eine Pause, versuche den Puls wieder herunter zu bekommen, und den Wärmestau beim Anhalten loszuwerden, trinke viel. Die Steigung wird dann nach etwa 2 Kilometern schon wieder deutlich einfacher und gemeinerweise geht es bald auch wieder genau so steil bergab, wie es hoch ging. Die letzten etwa 4 km bis zur Grenze sind dann wieder flach.
Es ist ein wirklich kleiner Übergang, den Ausreisestempel aus Malaysia habe ich schnell im Pass. Dann sind es etwa 100 Meter bis zum Abfertigungshäuschen in Thailand, wo ich mich in eine Warteschlange vor dem Immigration-Schalter einreihe. Ach ja, Einreisezettel ausfüllen. Eine junge Dame schaut zunächst noch mal drüber, zeigt mir drei Felder, die ich übersehen hatte, dann stehe ich wieder in der Schlange, die in der Zwischenzeit schon ein gutes Stück kürzer geworden ist. Der Beamte gibt mir dann einen Stempel für 30 Tage Aufenthalt und befestigt einen Abschnitt des Zettels in meinem Pass, nachdem er mich über meine Reiseroute ausgefragt hat. Als Transportmittel hatte ich ehrlicherweise ja „bicycle“ angegeben.

Auf thailändischer Seite der Grenze ist dann Wochenendmarkt, beiderseits der Straße, die sich bald wieder etwas steiler talwärts zieht, über ca. 500m. Am Ende dieser vielen, bunten nahtlos aneinander gereihten Verkaufsbuden warten dann mehrere Reisebusse, die später tief brummend und mit wummernder Musik, die durch die geöffneten Fenster schallt, an mir vorbeifahren. Ich rolle langsam die abschüssige Straße entlang, denn ich will das kleine Gästehaus nicht übersehen, in dem ich heute übernachten will, das Schild soll unscheinbar sein. Nach etwa 4 – 5 Kilometern sehe ich es aber und bekomme ein hübsches Zimmer in einer Doppelhütte und später auch noch etwas zu essen. Gut, dass ich schon von zuhause her Thailändische Baht mitgebracht habe, an der Grenze hatte ich keine Möglichkeit zum Geldtausch gesehen, geschweige denn einen Geldautomaten.

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Veröffentlicht in Malaysia

Durch Kedah und Perlis

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Zentrale Moschee in Kuala Kedah

Der junge Manager des Pawana Jerai Resort nimmt mich am Morgen in seinem Jeep mit zu einem kleinen Restaurant, um mir die lokale Küche zu zeigen. Nichts wirklich Neues für mich, der ich ja nun schon länger als zwei Wochen durchs Land reise, aber er erklärt und zeigt mir immerhin, wie der Koch aus den kleinen Teigklumpen so hauchdünne Brotfladen zaubert, die das hiesige Brot – Roti – ausmachen. Drücken, streichen, immer wieder mit der flachen Hand und etwas Wasser drücken, dann zu einer dünnen Haut ausziehen und überschlagen, auf der metallenen Arbeitsfläche durch leichten Druck ringsum anheften, an zwei Seiten fassen, leicht hochziehen, nochmal überschlagen, falten – fertig ist die luftig dünne Angelegenheit. Jetzt für wenige Minuten auf die heiße Backplatte, vorsichtig ölen, mehrmals wenden und servieren. Am besten schmeckt dazu eine leicht gewürzte Erdnuss-Curry-Sauce. Ersatzweise darf es auch ein Spiegelei sein, das hatte ich in der Vergangenheit mehrmals zum Frühstück.

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So gestärkt radle ich in der Morgensonne weiter in Richtung Norden, der Wind weht mir heute einmal etwas stärker entgegen. Wenig Verkehr ist auf der Straße. Die Luft ist zwar mit 25° nicht wirklich kühl, fühlt sich aber auf dem Rad so an. Es wird aber schnell wärmer. In dem kleinen Örtchen Yan fülle ich meinen Wasservorrat auf und es gibt dort sogar ein Postamt, wo ich die zuletzt geschriebenen paar Karten einwerfen kann. So muss ich später nicht erst lange nach dem nächsten Amt suchen. Erstens sind die Postämter meist unscheinbar und manchmal liegen sie in Seitenstraßen und sind damit für mich im Vorbeirollen praktisch unsichtbar.
Die Landschaft weitet sich wieder und hier im Norden werden die Reisfelder zur Dominanz im Landschaftsbild. Das sieht freundlicher aus als Ölpalmenwälder, ist aber eine nicht minder problematische Art der Monokultur. Schön weit gucken kann man jedenfalls.

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Ich mache früh eine Mittagspause und esse Mandasies, gefüllt mit Kartoffelmus und Erbsen, und zwei Spiegeleier zum Teh Ais (Schwarztee mit Milch und viel Eis). Über die Eiswürfel, die allerorten in den kleinen Restaurants verwendet werden mache ich mir keine Sorgen wegen eventuell mangelnder Hygiene, die werden rund um den Tag frisch mit kleinen Kühltransportern säckeweise angeliefert. Und der gekühlte, durch die dicke Kondensmilch leicht gesüßte Tee schmeckt so gut.

Nach Kuala Kedah komme ich heute auch schon relativ früh, drehe suchend eine Runde unweit des Hafenbereichs, wo viel Fisch verarbeitet und verteilt wird, ohne das kleine Motel-Schild richtig wahrzunehmen. Von dem Hafen hier geht außerdem regelmäßig eine Fähre zur Insel Langkawi. Eine steil aufragende Bogenbrücke führt am Rand der Stadt über den Sungai Kedah und auch in dem anderen Teil des Städtchens finde ich kein Hotel, sehe mir aber das Museum in dem alten Fort „Kota Kedah“ an, dass offenbar einst die Holländer im 17ten Jahrhundert errichtet hatten und das militärisch zuletzt von den Japanern im 2 Weltkrieg genutzt wurde.

Das Motel Cayanah finde ich dann bei einer zweiten Runde durch den Ort (es muss doch hier etwas geben), doch treffe ich dort niemanden an. Alle Türen stehen offen und vor einem der einfachsten Zimmer liegen zwei Paar Badelatschen, aber auf Rufen und Klingeln reagiert niemand.
So gehe ich erst zu einem nahegelegenen Restaurant/Café um mir die Zeit dort mit Schreiben bei einem (diesmal schwarzen) Kaffee zu vertreiben.

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Vorbeigerollt bin ich dort vorhin schon mehrmals, ohne etwas Besonderes zu sehen, diesmal fallen mir sofort die beiden mit Packtaschen beladenen Fahrräder auf. So treffe ich auf Karin und Kim, zwei Schweden, die gerade mit der Fähre angelandet sind und in dem Restaurant eine späte Mittagspause machen. Cool! Wir unterhalten uns viel zu lange für die beiden, die eigentlich heute noch bis dorthin wollen, wo ich hergekommen bin. Sie kommen aus Stockholm und sind in den letzten 10 Monaten durch ganz Asien bis hierher geradelt – sowas beeindruckt mich ja doch.
Wir wünschen uns gegenseitig viel Glück bei den jeweiligen Reiseplänen und ich bekomme im nächsten Anlauf ein Zimmer in dem kleinen Motel, wo ich offenbar zuvor beinahe ein junges Schwulenpärchen gestört hätte. Die beiden sind einfach nur am Grinsen, als sie mir das fensterlose Zimmer vermieten, in dem ich dann auch noch unproblematisch mein Fahrrad unterbringen kann.
Obwohl später, als ich am Abend von einem leckeren chinesischen Essen zurückkomme, auch noch eine malaiische Großfamilie im Nebenzimmer einzieht, die sich noch lange ausgiebig unterhält, schlafe ich in dem komfortlosen Zimmer doch recht gut.

Ergänzung vom 19.01.:

Am nächsten Tag will ich ebenfalls keine weite Strecke fahren. Perlis liegt ganz im Norden der Halbinsel Malaysia und ist dessen kleinstes Bundesland. Nach Nordwesten, Norden und Nordosten hin wird es durch Berge begrenzt, in denen auch die Landesgrenze mit Thailand verläuft.
einer Kleinstadt ungefähr von der Größe wie Muar, mit eigener Universität und mal wieder einem größeren Angebot an Hotels.

Von meiner vorherigen Station Kuala Kedah her sind es bis nach Kangar keine 50 Kilometer Strecke. Kangar ist die Provinzhauptstadt von Perlis, ungefähr von der Größe wie Muar, mit eigener Universität und auch einem größeren Angebot an Hotels.

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Roti-Macher in Kuala Kedah

So kann ich mir mit dem Frühstück in Kuala Kedah wieder etwas mehr Zeit lassen.
Das einzige am Morgen schon offene Restaurant, das Djati, ist entsprechend gut besucht aber kommt mit dem Kaffee nicht hinterher. Gestern abend war dort ringsum sehr viel mehr Betrieb, heute früh fast wie ausgestorben, was an dem heutigen Freitag liegt, der in muslimischen Ländern ja ein heiliger Tag ist. Ähnlich unserem Sonntag. Die Schulen sind geschlossen, die meisten Postämter sind ebenfalls zu, und die Moscheebesucher sind mehr herausgeputzt, als im Alltag.
Besonders junge Männer, die an anderen Tagen zur Schule gehen, tragen heute ihren Freitagsanzug und schwarze, samtene Kopfbedeckung. Zumindest sieht es nach Samt aus. Ältere Semester tragen meist eine hellere Kopfbedeckung.

Deutlich weniger Verkehr ist deswegen aber nicht auf den Straßen, einzig Schulbusse sind außer Betrieb und stehen jetzt irgendwo geparkt.
Durch die Reisfelder fahre ich am späteren Vormittag dann zwar nicht gerade auf dem kürzesten Weg parallel zur Hauptstraße, inzwischen der Route 7, aber so gut wie allein. Lediglich Mofas und Mopeds nutzen diese schmalen Wirtschaftswege auch, die häufig entlang von größeren Wassergräben verlaufen. Ähnlich wie in Holland. Schmale Kanäle zwischen einzelnen Reisfeldern ziehen überstehendes Wasser aus den Feldern, das dann in diesen breiteren Sammelkanälen abgeleitet wird.
Die weißen kleinen Kraniche, die gerne an diesen Kanäle nach Beute Ausschau halten, stürzen sich immer in die Flucht, wenn ich mit dem Rad nur in die Nähe komme. Manchmal scheuche ich aber auch einen Kingfisher auf, leuchtend blau mit spitzem rötlichem Schnabel, und diese Vögel fliegen meist laut schimpfend ein Stück neben mir her, mit deutlichem Abstand natürlich, bevor sie sich auf ein entlang des Wegs geführtes Stromkabel oder etwas ähnliches setzen.
Bei Melaka hatte ich einmal einen solchen Vogel beim Fischen von einem quer über einen Kanal hängenden Baumstamm beobachten können.

Später fahre ich die letzten etwa 12 km auf der Hauptstraße nach Kangar hinein, die in dessen vorgelagerten Bezirken dann auch schon vierspurig ausgebaut ist. Ich hätte hier auch die Möglichkeit gehabt, über das Hafenstädtchen Kuala Perlis und eine Fährverbindung auf die Insel Langkawi überzusetzen, um dann von dort mit weiteren Fährverbindungen nach Thailand weiterzureisen. So wie es die beiden Schweden in umgekehrter Richtung getan hatten. Doch ich entscheide mich für den Landweg nach Thailand.

Kurz vor dem Zentrum von Kangar dann ein Wegweiser in alle vier Himmelsrichtungen. Bis New York sind es 14.758 km Luftlinie, von Singapur 694 km (mit dem Fahrrad habe ich von dort her inzwischen mehr als 1100 km abgespult), und bis Bangkok noch immerhin 815 km. Mal schauen wieviel auf meinem Kilometerzähler noch dazu kommen.

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Am Abend gönne ich mir in einem Pizza-, Pasta-, Burger-Restaurant einmal eine Pizza und bin schnell enttäuscht, weil die vermeintlich dünne Kruste in der Alu-Pfanne, in der mir die Pizza serviert wird, eher einem pappigen Pfannkuchen ähnelt. Schade, aber gut schmecken tut der Teig mit Shrimps, Zwiebeln und dem geschmolzenen Käse trotzdem

 

Veröffentlicht in Malaysia

Von Penang weiter nach Kedah

Am Vormittag drehe ich noch eine Extrarunde durch eines der teureren Wohnviertel von Georgetown. Die Stadt wirkt dort viel ruhiger, gelassener und ist auch viel grüner, als in den zentralen Bezirken. Es gibt leider generell sehr viele Einbahnstraßen in Georgetown und der Weg zur Fähre und zurück aufs Festland verläuft dann fast geradlinig hoch zur Nordküste der Insel und von dort entlang einer Art von Umgehungsstraße, immer der Küstenlinie nach, bis direkt zum Fährterminal. Dort muss ich dann auch gar nicht lange auf eine Fähre warten, gemeinsam mit dem schon brummenden und gerade startenden Schwarm von Mopeds und Motorrollern kann ich direkt aufs Schiff radeln. Man muss für die Rückfahrt aufs Festland nichts bezahlen, deshalb kann es zu Stoßzeiten schon mal länger dauern, bis man ein Schiff erwischt.

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Von Butterworth aus fahre ich dann auf der Route 1 weiter nach Norden, u.a. vorbei an einer Luftwaffenbasis und erstmal etwa 12 km auf dieser nach wie vor stark befahrenen Ausfallstraße, bis sich mit der P215 eine erste Möglichkeit auszuweichen ergibt. Gleich darauf mache ich auch eine Mittagspause in einem schlichten Restaurant und esse für 8 Ringgit Reis mit Gemüse und Ei.

Dass der Reis, den ich hierzulande esse, möglicherweise auch aus dieser Gegend stammt, wird mir anschließend klar, als ich einer schmalen Wirtschaftsstraße folgend durch immer größere Reisanbauflächen komme. Die Pflanzen haben von Feld zu Feld unterschiedliche Reifegrade und teilweise wird auch die Ernte schon eingefahren. Große Flächen erfordern größeres mechanisches Gerät für die Ernte, was bei dem schlammigen Boden auf dem der Reis wächst (immerhin stehen auch noch einige cm Wasser darauf) gar nicht so leicht ist.

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Die Mähdrescher, die hier zum Einsatz kommen, sind deshalb mit einem Raupenantrieb ausgestattet, der auf dem weichen Boden greift und auch nicht versinkt. In der zurück bleibenden Schneise macht sich sofort ein Schwarm weißer Reiher auf der Suche nach aufgeschrecktem Kleingetier. Das scheint sich für die Vögel zu lohnen, so emsig wie sie hinter dem Mähdrescher herfliegen.

Zum Ende des Tages wird die Landschaft auf einmal richtig bergig, die Straße führt entlang der Küste nun ein paarmal steil hoch und runter, nicht mehr als vielleicht 30 – 40 Meter, aber immerhin. Da ich nach mehr als 70 km Strecke und der Nachmittagshitze doch schon ganz schön fertig bin, fluche ich innerlich. Eigentlich wollte ich schon in dem kleinen Universitätsstädtchen Merbok ein Quartier suchen, doch ich finde nichts außer einem Hinweisschild, das mich zwei Kilometer in Richtung Berg schicken würde. Da hinauf will ich dann auch nicht, also fahre ich weiter bis ran an die Küste, ein Stück weit um das Massiv des Gurun Jerai herum, einem einzelnen Berg, der sich hier im Küstenbereich erhebt.
Belohnt werde ich dafür durch den schönen Blick, als der Berg rechts von der Straße wenige hundert Meter zurücktritt und ich die letzten 2 Kilometer wieder flach auslaufen lassen kann und ein klitzekleines Resort am Strand finde, in dem ich eine der drei vorhandenen Hütten für die Nacht haben kann. Irgendwie gemütlich. Der Manager freut sich offensichtlich auch über so seltenen Besuch aus dem fernen Deutschland (wo er während seines Studiums auch schon einige Zeit verbracht hatte) und unterhält sich beim Kaffee ausgiebig mit mir.
Erstmals kann ich hier am Strand am Abend einen Sonnenuntergang genießen,

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